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Und jetzt die Inflation?
Die Angst vor der Inflation ist im Bewusstsein vor allem der Österreicher und Deutschen seit der Zwischenkriegszeit tief verwurzelt. Zweimal in einem Jahrhundert war es zu einer Geldentwertung gekommen, ein wirtschaftlicher Neuanfang war nötig geworden.
Von dem Wert, den Sicherheit und Sparen für die Menschen haben, weiß jeder Bankberater zu erzählen. Jetzt, nachdem sich der Lockdown löst und die Wirtschaft (hoffentlich) wieder in Schwung kommt, lösen die steigenden Inflationsraten Beklemmungen aus.
Schon zwei Prozent
Das deutsche Statistische Bundesamt hat für den Mai 2021 eine Preissteigerung von 2,5% genannt. Die Statistik Österreich hat für Juni 2021 sogar eine Inflationsrate von 2,8% gegenüber dem Vorjahresmonat angegeben. Werte, die so hoch in den letzten zehn Jahren nicht mehr zu verzeichnen waren. 2007 und 2008 war es schon einmal zu einer markanten Teuerung gekommen: 2007 lag die Inflationsrate bei 2,3%, 2008 bei 2,6%. Doch dann trat Ruhe an der Preisfront ein. Zwischen 0,3 und 2% lag die Zunahme in den letzten Jahren – ein oberer Wert, wie ihn auch die EZB bei ihrer Steuerung von Geldwert - und Preisstabilität nennt. Und dabei scheint noch nicht das Ende in Sicht – Volkswirte sehen noch für dieses Jahr einen Wert von 3 Prozent bei der Preissteigerung. Die Zuwächse sind von großer Kontinuität: Im Januar 2021 waren es in Deutschland noch 1,0%, in Österreich 0,8% gewesen, im Februar dann 1,3% bzw. 1,2% und im März schließlich 1,7% bzw. 2,0%. So fällt es nicht schwer, eine Prognose für den weiteren Verlauf abzugeben.
Nun ist die Inflationsrate eine Größe, in die eine Vielzahl einzelner Güter und Dienstleistungen einfließen, die unterschiedlich in ihrer Verteuerung sind. Wer will , kann sich beim Statistischen Bundesamt seine individuellen Preissteigerungen ausrechnen. So wird, wer kein Auto fährt oder nicht teures Heizöl bezieht, weniger stark betroffen sein. Denn ein Treiber in der aktuellen Lage sind die gestiegenen Energiekoste n. Seit Anfang des Jahres sind 25 Euro pro Tonne Kohlendioxid fällig. CO2 fällt beim Verbrennen von Diesel, Benzin und Erdgas an. Eine Verteuerung, die im Zeichen des Umweltschutzes gewollt ist. Grüne Politiker fordern eine noch stärkere Erhöhung, um die Verschmutzung durch fossile Energie weiter zu reduzieren. Ein weiterer Treiber der Inflation ist die (Wieder-)Erhöhung der Mehrwertsteuer, die in der Corona-Krise gesenkt worden war, um den Konsum nicht abstürzen zu lassen. Aber es gibt noch einen dritten Grund, warum die Verbraucher tiefer in die Tasche greifen müssen, um die gleichen Güter zu erstehen.
Kein Auto ohne Chip
Im Zeichen der Krise ist es weltweit zu Lieferengpässen gekommen. Da mögen die Auftragsbücher der Industrie hierzulande voll sein – wenn es an Rohstoffen und Halbfabrikaten fehlt, werden die Bestellungen nicht abgearbeitet werden können. So berichtet fast die Hälfte der Unternehmen von Problemen bei der Lieferung ihrer Vorprodukte. Die Betriebe können schon froh sein, wenn überhaupt geliefert wird – und manchmal eben zu stark erhöhten Preisen. Ein Beispiel für die Engpässe bei den Lieferketten sind die Halbleiterchips, auf die die Automobilhersteller angewiesen sind. Bei Ford in Köln musste die Produktion eingestellt werden, weil Chips, ohne die kein Auto fährt, nicht zur Verfügung standen. Weitere Beispiele sind die Lieferung von Kautschukgranulat oder von Bauholz. Gerade für das Bauhandwerk, das selbst in den Corona-Zeiten noch einen ungebrochenen Boom verzeichnen konnte, ist das eine schwierige Situation.
Weltweite Problemfälle
Woher rühren diese Engpässe? Natürlich spielt das plötzliche Wiederaufleben der Weltwirtschaft nach dem Ende der Schließungen eine große Rolle. Die Wirtschaft fährt von 0 auf 100, der Run auf die Rohstoffe ist grenzenlos. Aber es gibt auch einzelne Gründe für die Engpässe neben den reduzierten Produktionskapazitäten in der Pandemie. So spielen Winterstürme in den USA ebenso eine Rolle wie die Brände von Halbleiter - Fabriken in Japan. Wir alle erinnern uns an die Havar ie des Containerschiffes „Ever Given“ im Suezkanal, die zu einem Stau bei den Schiffen führte. Die heimische Wirtschaft ist nun angehalten, sich im Hinblick auf ihre Zulieferer breiter aufzustellen. Das ist nicht das Ende der Globalisierung, die Rückkehr zu regionalen Lieferanten, aber doch das Bemühen, frühzeitig Alternativen bereitzustellen, die Ausfälle kompensieren können. Berechnungen von Volkswirten gehen davon aus, dass die Produktionsausfälle im Zeichen fehlender Lieferungen zu einem Minus von 0,3% beim Wachstum der Industrie führen werden.
Aber es sind nicht nur das Heizöl, die Kraftstoffe und der Engpass bei den weltweiten Lieferungen, die zur Verteuerung führen. Eine große Rolle spielen auch Nachholeffekte für die Inflationsrate. So sind Pauschalreisen im April 2021 um 14,4 Prozent teurer geworden. Die Österreicher und Deutschen haben in der Pandemie wenig Geld in den Konsum gesteckt, die Sparquote erreichte ein neues Hoch. Dieses Geld wird nun ausgegeben. Der Einzelhandel, die Gastronomie und der Tourismus werden ihre Preise anpassen, was nach über einem Jahr der Durststrecke durchaus nachzuvollziehen ist. Das Bundeswirtschaftsministerium aber schreibt: „Eine nachhaltige Erhöhung der Teuerungsrate ist aus heutiger Sicht nicht zu erwarten.“
Quelle: Creditreform Risikomanagement -Newsletter, Juli 2021
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Mag. Gerhard M. Weinhofer
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