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Statistik Privatinsolvenzen, 1. Halbjahr 2021: 28 Insolvenzen pro Werktag

Privatkonkurse gehen weiter zurück. Ruhe vor dem Sturm?

Creditreform hat den aktuellen Trend bei den Privatinsolvenzen für das 1. Halbjahr 2021 in Österreich analysiert. Trotz einer nach wie vor Covid-19-bedingt hohen Arbeitslosigkeit ist die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren um knapp 5% auf 3.259 Verfahren gesunken. Damit wurde ein zumindest 15jähriger Tiefstand erreicht.

Zu den Gründen meint Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Österreichischer Verband Creditreform: „Das Bündel an Hilfsmaßnahmen, Stundungen und eingeschränkter Konsumfreude aufgrund der Arbeitslosigkeit/Kurzarbeit und der Lockdowns haben die Sparquote erhöht und führten zum Rückgang der Privatinsolvenzen auf ein historisches Tief.“ Die Hauptursachen für die Privatinsolvenz liegen traditionell im Verlust des Arbeitsplatzes, in der gescheiterten Selbständigkeit sowie allgemein im sorglosen Umgang mit Geld.

Bundesländervergleich: 5 von 10.000 Erwachsenen sind insolvent

Der Bundesländer-Vergleich zeigt den stärksten Rückgang in Salzburg (-33,0%), gefolgt von Niederösterreich (-23,1%) und Oberösterreich (-15,8%). Steigende Insolvenzen verzeichneten hingegen Wien mit einem Plus von 4,5% und das Burgenland mit Plus 22,0%.

38% aller Privatinsolvenzen ereigneten sich in der Bundeshauptstadt, die sowohl Spitzenreiter bei der absoluten Zahl an Insolvenzen (1.339 Fälle) als auch bei der relativen Insolvenzbetroffenheit ist: 10 von 10.000 erwachsene Wiener mussten den Gang zum Insolvenzgericht antreten. Ein Wiener ist somit zweimal stärker insolvenzgefährdet als ein Einwohner aus einem Bundesland, denn österreichweit wurden lediglich 5 von 10.000 Erwachsenen zahlungsunfähig.

Conclusio und Ausblick 2021

Die diversen staatlichen Hilfsmaßnahmen (z.B. die Stundung der Kreditrückzahlungen und Mieten) und vor allem die Kurzarbeit haben dazu geführt, dass trotz der Wirtschaftskrise die Privatinsolvenzen stark zurückgegangen sind. Die Sparquote hat sich angesichts der unsicheren Zeiten deutlich erhöht.

Seit 1. Juli gilt nun die Gesamtreform des Exekutionsrecht, die erstmals zu einer amtswegigen Beendigung eines Exekutionsverfahrens wegen „offenkundiger Zahlungsunfähigkeit“ des Schuldners und Veröffentlichung eben dieser in der Ediktsdatei führt. Hintergrund ist, dass einerseits Gläubiger vor weiteren Schäden bzw. sinnlosen Exekutionsverfahren und damit verbundenen Kosten bewahrt werden sollen, andererseits sollen Schuldner vor weiterem Schuldenmachen geschützt werden. Zudem sollen die Gerichte entlastet werden. Daher ist es nur konsequent, die offenkundige Zahlungsunfähigkeit in einer öffentlichen Datenbank zu publizieren. Gelingt dem Schuldner nicht eine schnelle Vereinbarung mit seinen Gläubigern, bleibt ihm nur mehr binnen 30 Tagen der Insolvenzantrag - sofern ihm nicht ein Gläubiger damit zuvorgekommen ist. Das Justizministerium rechnet mit bis zu 1.000 zusätzlichen Schuldenregulierungsverfahren pro Jahr.

Als weitere gesetzliche Neuerung trat mit 17. Juli 2021 eine Novelle der Insolvenzordnung in Kraft. Die Entschuldungsdauer wird für Unternehmer und generell für Privatpersonen von fünf auf drei Jahre gesenkt. Es kommen nun nicht nur von Corona geschädigte Selbständige und vom plötzlichen, unverschuldeten Arbeitsverlust betroffene Private in den Genuss einer schnelleren Entschuldigung, sondern auch notorische Nichtzahler und alle, die schlichtweg über Jahre hinweg über ihren Verhältnissen gelebt haben. Es ist daher mit einem Ansturm auf die Insolvenzgerichte zu rechnen, ähnlich der Situation Ende 2017 und 2018, als die Entschuldungsdauer von sieben auf fünf Jahre herabgesetzt wurde. Daher werden die Privatinsolvenzen im 2. Halbjahr 2021 und verstärkt 2022 wieder steigen und bald das Vorkrisenniveau von rund 10.000 Fälle erreichen. Die Rechnung haben letztendlich die Gläubiger und alle redlichen, pünktlich zahlenden Konsumenten zu zahlen.



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