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Fachbeiträge & Neuigkeiten
PRIVATINSOLVENZSTATISTIK 1. Halbjahr 2022
38 Insolvenzverfahren pro Werktag
Privatinsolvenzen steigen weiter um 36%
Der Gläubigerschutzverband Creditreform hat die endgültigen Zahlen bei den Privatinsolvenzen für das 1. Halbjahr 2022 in Österreich analysiert. Die Gesamtzahl der Privatinsolvenzen steigt weiter stark um rund 36% auf über 4.700 Verfahren an. Das Vor-Pandemie-Niveau wird damit gegen Ende des Jahres erreicht werden. Die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren ist dabei um 33,2% auf rund 4.300, die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen gar um 79,3% auf 382 Verfahren angestiegen. Diese Entwicklung ist besorgniserregend, da in letzterem Fall dem Privaten der „ewige Konkurs“ und Gläubigern mangels aussichtsloser Exekutionsführung ein Totalausfall ihrer Forderungen droht.
Zu den Gründen meint Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Österreichischer Verband Creditreform: „Die schnelleren Entschuldungsmöglichkeiten seit der Reform 2021 finden immer größeren Anklang. Hinzu kommen nun vermehrt Probleme mit den steigenden Preisen und dem Bestreiten des Lebensunterhaltes.“
Generell lassen sich die Insolvenzursachen nicht an einem Faktor festmachen, sondern liegen im Zusammentreffen vieler Probleme, die sich über einen längeren Zeitraum aufgebaut haben: im Job-Verlust, in der gescheiterten Selbständigkeit sowie allgemein im sorglosen Umgang mit Geld. Gut ein Drittel der Schuldner sind gescheiterte Selbständige. Die Durchschnittsverschulden liegt bei rund 60.000 Euro.
Bundesländervergleich: Mehr als 7 von 10.000 Erwachsene sind insolvent
Der Bundesländer-Vergleich zeigt den stärksten Zuwachs in Tirol (+65,3%), gefolgt von Oberösterreich (+56,4%) und Niederösterreich (+54,4%). Sinkende Insolvenzen verzeichnete kein Bundesland mehr. Ein Drittel aller Privatinsolvenzen ereigneten sich in der Bundeshauptstadt. Wien ist sowohl Spitzenreiter bei der absoluten Zahl an Insolvenzen (1.605 Fälle) als auch bei der relativen Insolvenzbetroffenheit: 12 von 10.000 erwachsene Wiener mussten zum Insolvenzgericht schreiten. Österreichweit waren etwas mehr als 7 von 10.000 Erwachsene zahlungsunfähig.
Conclusio und Ausblick 2022 - „Trau, schau, wem“
Seit Beginn des Jahres steigen die Privatinsolvenzen massiv an. Ein Trend, der durch die Insolvenzrechtsreform vom Juli 2021 eingeleitet wurde und nun durch die Inflation befeuert wird. Damit wird es im laufenden Jahr, wie von Creditreform bereits früher angekündigt, zu einer Rückkehr auf das Vor-Pandemie-Niveau von rund 9.000 Privatinsolvenzen kommen. Dazu Weinhofer: „Österreich steht erst am Beginn einer Zeit steigender Privatinsolvenzen und ein Ende ist nicht in Sicht. Angesichts der Konjunkturaussichten aufgrund der Polykrisen (Lieferkettenprobleme, Ukraine-Krieg, Inflation, Gefahr einer Stagflation, nichtausgestandene Pandemie) wird mit neuen Rekorden bei der Zahlungsunfähigkeit privater Personen in den kommenden Jahren zu rechnen sein.“ Daher empfiehlt Weinhofer: „Unternehmen ist zu besonderer Vorsicht im Geschäftsverkehr zu raten. Bonitätsprüfungen und ein stringentes Betreiben der Forderungen hilft bei der eigenen Liquiditätssicherung und Krisenresistenz.“ In postnormalen Zeiten einer Krisenpermanenz gilt mehr denn je „Trau, schau, wem“.
Kontakt
Mag. Gerhard M. Weinhofer
Unternehmenskommunikation
Mitglied der Geschäftsleitung