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Fachbeiträge & Neuigkeiten
Aktuelle Wirtschaftslage der österreichischen KMU, Frühjahr 2020
Tiefe wirtschaftliche Spuren im Mittelstand durch den Shutdown
Tiefe wirtschaftliche Spuren im Mittelstand durch den Shutdown
Creditreform untersucht zweimal jährlich die konjunkturelle Entwicklung und die Finanzierungssituation mittelständischer Unternehmen in Österreich. Heuer fiel die Befragung in den Zeitraum des Shutdown, der durch die Corona-Virus-Pandemie ausgelöst wurde und zu einer weitgehenden Schließung des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens führte. 77 Prozent der befragten Betriebe gaben ihre Antworten vor dem 15. März (dem Tag vieler Schließungen), die übrigen 23 Prozent aber antworteten erst, nachdem der Shutdown durchgeführt worden war. Diese Betriebe waren entweder bereits geschlossen oder von einer Schließung bzw. einer Einstellung der wirtschaftlichen Tätigkeit akut bedroht. Der Vergleich der Antworten, die vor oder nach dem 15. März gegeben wurden, sind aufschlussreich. Sie geben Einblick in die Tiefe und die Auswirkungen der Beeinträchtigungen und die Erwartungen in die Zeit nach dem Shutdown.
Auch die Konjunktur ist infiziert
Um eine Bewertung der allgemeinen Konjunkturlage gebeten, gaben fast 50 Prozent der durch die Corona-Bekämpfungsmaßnahmen Betroffenen schlechte Noten – vor dem 15. März waren nur 15,8 Prozent der Mittelständler mit einem schlechten Votum vertreten, wenn es um die Bewertung der Konjunktur in Österreich ging.
Wenn die Betriebe im Hinblick auf einzelne Parameter der konjunkturellen Entwicklung um eine Einschätzung der letzten sechs Monate gebeten wurden, war doch der Einschnitt im Zeichen der Corona-Pandemie in den letzten Wochen so stark, dass er insgesamt zu deutlichen Abschwächungen führte. So berichteten 48 Prozent der Betriebe, die nach dem Stichtag befragt wurden, von Umsatzrückgängen – vor dem 15. März waren es 32 Prozent. Die Einbrüche bei der aktuellen Umsatzentwicklung beruhen auf markanten Abschwächungen bei der Auftragssituation. Bei geschlossenen Türen und schlechter Erreichbarkeit nahmen die Auftragseingänge nach dem 15. März für die betroffenen Betriebe zu 55 Prozent ab. Vor der Krise, bis Mitte März, meldeten nur 33 Prozent der mittelständischen Unternehmen weniger Aufträge.
Immerhin: Personalentwicklung noch nicht eingebrochen
Während die Aussagen zur Ertragssituation in den Anteilen der betroffenen Mittelständler das gleiche Niveau wie bei den Umsätzen oder Ordern zeigen, konnte sich die Personalentwicklung stabil halten. Gleichermaßen vor und nach Mitte März gaben die Unternehmen zu rund 20 Prozent an, dass sie sich von Personal trennen mussten. Sicher spielte die Unterstützung durch die Regierung wie auch die Furcht vor einem Fachkräftemangel im Mittelstand eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, auch in der Krise die Mitarbeiter weiter zu beschäftigen.
Wie geht es nach dem erzwungenen Stillstand weiter? Welche Folgen hat der wirtschaftliche Einschlag für die weitere Entwicklung der Betriebe?
Unter dem Eindruck der Corona-Krise hat die Zuversicht der mittelständischen Unternehmer merklich nachgelassen. Der Erwartungsindex rutschte um 18,9 Zähler von plus 21,2 Punkten im Frühjahr 2019 auf heuer nur noch plus 2,3 Punkte ab. Die allgemeinen Konjunkturerwartungen waren bei den Befragten vor dem Shutdown zu 15,5 Prozent negativ – danach nahm der Wert auf 51,5 Prozent zu. Die Wirkung der Maßnahme war also im Hinblick auf die Zukunftshoffnungen verheerend. In allen Wirtschaftsbereichen musste der Erwartungsindex nach unten korrigiert werden. Am hoffnungsvollsten zeigte sich noch der Bausektor.
Um fast das Dreifache höher liegt die Anzahl der Unternehmen, die nach dem Shutdown sinkende Umsätze befürchten – zwei Drittel gehen für die nächsten sechs Monate von schwächeren Umsatzzahlen aus. Bei mehr als 60 Prozent liegen auch die Anteile der Unternehmen, die nach dem Shutdown befragt wurden, wenn es um die weiteren Erträge geht. Zwar hat sich der Anteil der Betriebe, die im nächsten halben Jahr Mitarbeiter freisetzen müssen, von 14 auf 38 Prozent fast verdreifacht, hält sich aber angesichts der Befürchtungen im Hinblick auf Umsätze und Erträge noch in einem recht positiven Rahmen.
Die schwache Konjunktur zieht Insolvenzen nach sich
Angesichts der derzeitigen Lage halten die mittelständischen Betriebe das Geld lieber zusammen und fahren ihre Investitionen herunter. Gab es vor einem Jahr noch 47,0 Prozent investitionsbereite Unternehmen, so planen derzeit nur noch 39,3 Prozent der Befragten zu investieren. Bei den Unternehmen, die nach dem 15.03. befragt wurden, ist die Bereitschaft dazu noch geringer: Nur 25,7 Prozent wollen investieren, dagegen waren es vorher 43,4 Prozent. Der Anteil der Pessimisten nach Mitte März sorgt also für insgesamt schlechtere Zahlen. Interessant ist, dass die Betriebe, die nach dem Stichtag befragt wurden, im Hinblick auf die Insolvenzursachen in deutlich höherem Maße die allgemeine Konjunktursituation verantwortlich machten: Waren es in der ersten Hälfte des März nur 36 Prozent, die auf die Konjunktur als Insolvenzursache verwiesen, so waren es in der zweiten Hälfte rund 53 Prozent, die die allgemeine Wirtschaftssituation für den Zusammenbruch von Unternehmen verantwortlich machten.
Die Befragung mittelständischer Unternehmen hat im Zusammenhang mit der Finanzierungssituation noch keine Verwerfungen durch den Shutdown gezeigt. Allerdings ist es tatsächlich noch zu früh, um Prognosen für die weitere Entwicklung der Kreditfinanzierung abgeben zu können. Die mittelständischen Unternehmen haben sich in der Zeit des akuten Shutdown insgesamt immer noch als relativ stabil und sogar – wenn auch deutlich abgeschwächt gegenüber den Wochen davor – optimistisch gezeigt. Es bleibt abzuwarten, ob die Öffnung das Feld positiver Erwartungen weiter verbreitert und ein Wiederanlaufen der Konjunktur auf alte Stände vor der Pandemie ermöglicht.
31. Juli 2020
Kontakt
Mag. Gerhard M. Weinhofer
Unternehmenskommunikation
Mitglied der Geschäftsleitung