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Lieferengpässe, Inflation, Personalmangel

Mittelstand spürt „Megatrends“

Zu den großen Gefahren des Aufschwungs nach der Krise durch Corona gehören Lieferengpässe und der Personalmangel – in Deutschland, wie in Österreich und weltweit. Die Nachfrage hat sich erholt, der Verbraucher ist wieder bereit, Geld auszugeben. Die Unternehmen investieren und fahren ihre Produktion hoch.

Sicher gibt es Befürchtungen, dass die Delta-Variante des Virus zu erneuten Schließungen führen könnte. Aktuell aber sind die größeren Probleme bei den Produktionsausfällen, die durch ausbleibende Lieferungen entstehen und bei fehlenden Fachkräften – etwa in der Gastronomie – zu verorten. Inzwischen geht es nicht mehr nur um Halbleiter für die Autoindustrie, sondern auch um Schwierigkeiten, wie sie die großen Discounter melden und um Engpässe bei Medikamenten. Der Creditreform Wirtschaftsforschung geht es bei diesem aktuellen Problemkreis darum, die Auswirkungen auf mittelständische Unternehmen zu untersuchen. Auch wenn es hier weniger um internationale Lieferketten und überseeische Containerhäfen geht, so spüren auch kleinere Betriebe den Mangel an Bauholz oder die Preiserhöhungen bei Rohstoffen und Materialien zur Weiterverarbeitung.

Leistungen können nicht erbracht werden

Nur 18,5 Prozent der befragten deutschen Unternehmen im Herbst 2021 gaben an, keine Beeinträchtigungen durch Lieferengpässe und Materialknappheit zu verspüren. Entsprechend sprachen 44,4 Prozent davon, Leistungen nicht ausführen bzw. Produkte nicht herstellen zu können. Diese Zahlen liegen auf der Höhe einer Befragung, welche der DIHK durchgeführt hat: Dort gaben rund 40 Prozent der Unternehmen zu Protokoll, dass es bei ihnen aufgrund der Lieferengpässe zu Umsatzausfällen gekommen sei. 26 Prozent sprachen sogar von einem Produktionsstopp bzw. einer geringeren Produktion. Die Beeinträchtigungen treffen also tatsächlich alle Unternehmen, ganz unabhängig von ihrer Größe. 

Diese Problemlage schafft eine weitere Schwierigkeit, die aktuell Verbrauchern Sorgen bereitet. Zum ersten Mal seit vielen Jahren war wieder eine fünf bei der Inflationsrate hinzunehmen. Das wird nicht nur durch höhere Energiepreise bewirkt, sondern eben durch Preiserhöhungen auf breiter Front, die den Einkauf der Konsumenten wie auch der Unternehmen trifft. Mittelständische Unternehmen hoffen nun, durch Preiserhöhungen Umsatzverluste kompensieren zu können. Während 15,5 Prozent der Befragten angaben, Preiserhöhungen vollständig weitergeben zu können, gaben 54 Prozent der KMU an, dass ihre Preisanpassungen nur zu einem Teil am Markt durchzusetzen sind und es bei ihnen zu Belastungen der Ertragssituation kommt. Die Margen werden kleiner. Und auch der DIHK sprach in seiner Umfrage zu den Auswirkungen der Lieferengpässe davon, dass 88 Prozent der Unternehmen höhere Einkaufspreise hinzunehmen haben.

Auch in Zukunft höhere Preise

Zu 56,7 Prozent gaben die kleinen und mittleren Betriebe an, ihre Angebotspreise erhöht zu haben, vor einem Jahr waren es nur 16 Prozent. Gesunkene Preise für ihre Kunden nannten nur 1,7 Prozent der Befragten (Vorjahr 11,9 Prozent). Eine Preisspirale mit gestiegenen Angebots- und Einkaufspreisen ist in Gang gekommen, die inflationäre Tendenzen aufweist. Die EZB wiegelt im Zusammenhang mit ihrer Zinspolitik ab. Sie spricht davon, dass die Preissteigerungen nur temporär seien und spätestens im Frühjahr wieder abflauen würden. Dem widerspricht jedenfalls der Mittelstand. Bei der Frage nach den erwarteten Angebotspreisen antworteten 57,2 Prozent der KMU, dass man davon ausgehe, dass diese auch in Zukunft steigen werden. Im Vorjahr, in der Krise, war dies nur bei 18,4 Prozent der Befragten der Fall. Sinkende Angebotspreise werden in Zukunft nur von 1,5 Prozent der Befragten erwartet. Die Dienstleister, die wohl auch am wenigsten von Lieferengpässen betroffen sein dürften, gaben nur zu 43 Prozent eine zukünftige Preissteigerung zu Protokoll. Den stärksten Druck verzeichnet das Verarbeitende Gewerbe, wo sich mehr als zwei Drittel der Befragten zu höheren Angebotspreisen gezwungen fühlen.

Arbeitskräfte braucht das Land

Eine weitere Gefahr für die Konsolidierung der Wirtschaft liegt im Fachkräftemangel begründet. Die Problematik ist nicht neu, im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung, der Überalterung in Deutschland, wurde auf dieses Problem für den Arbeitsmarkt bereits hingewiesen. Der Lockdown hat zu einem scharfen Einbruch am Arbeitsmarkt geführt. Jetzt erholt sich die Situation, die Kurzarbeit geht zurück und die Arbeitslosigkeit ist kaum mehr ein Thema. Wenn 23,8 Prozent der Mittelständler in der aktuellen Umfrage angaben, dass sie im nächsten halben Jahr ihren Mitarbeiterbestand aufstocken wollen (Vorjahr 17,4 Prozent), so ist dies für den Arbeitsmarkt eine gute Nachricht. Es bleibt aber zu fragen, ob es auch tatsächlich gelingt, zusätzliche Arbeitskräfte, insbesondere Fachkräfte, zu akquirieren. Es sind eben nicht nur die Aushilfskräfte in der Gastronomie, die sich im Lockdown eine andere Arbeitsstelle gesucht haben und die nun fehlen. Wie die Lieferengpässe so führen auch die fehlenden Arbeitskräfte zu einem Nachlassen der Produktion und der Leistungen. 46,4 Prozent der KMU gaben an, dass sie Aufträge nicht ausführen konnten, weil es ihnen an qualifizierten Mitarbeitern fehlte. An erster Stelle steht hier das Baugewerbe, wo 67,9 Prozent der Betriebe Aufträge nicht ausführen konnten. Aber auch die Dienstleister sind mit 45,2 Prozent stark von diesem Thema berührt. Nur 16,2 Prozent gaben an, dass der Personalmangel keinen Einfluss auf ihre unternehmerische Tätigkeit hat.

Für Mittelständler ist diese Situation besonders schwierig, weil sie noch in Konkurrenz zu Großunternehmen stehen, die Leistungen bieten können, die für kleinere Betriebe nicht umsetzbar oder finanzierbar sind. Der Mittelstand hilft sich, indem er verstärkt auf die eigene Ausbildung setzt. Mehr als 41Prozent der Befragten gab an, selbst auszubilden. Es liegt nahe, dass besonders das Verarbeitende Gewerbe, und das heißt hier das Handwerk, an der Spitze steht, wenn es um die Ausbildung geht. 49,8 Prozent der Unternehmen in diesem Bereich bilden selbst aus, es folgt dicht darauf das Baugewerbe, das zu 46,9 Prozent selbst ausbildet. Dagegen fallen andere Wirtschaftsbereiche um mehr als 10 Prozentpunkte ab. Eine weitere Option, um dem Mangel abzuhelfen, liegt in der Automatisierung und Digitalisierung als Ersatz für Fachkräfte. Hier sehen 14,4 Prozent der Befragten einen Weg. Wenig verwunderlich, dass diese Möglichkeit im Baugewerbe nur von 2,4 Prozent der Befragten genannt wird – im Verarbeitenden Gewerbe aber zu 20,8 Prozent und in Dienstleistungssektor zu 17,6 Prozent. Die Pandemie hat mit der Einrichtung von vielen Arbeitsplätzen im Homeoffice der Digitalisierung der Arbeitswelt weiter Vorschub geleistet. Der Mittelstand reagiert und setzt ebenfalls auf die Digitalisierung, wenn es um die Qualifikation, aber auch um den Ersatz von fehlenden Arbeitskräften nach Corona geht.

Alle wichtigen Konjunktur-Parameter weisen im Herbst 2021 nach oben. Und auch der Mittelstand erweist sich einmal mehr als Lokomotive der Konjunktur. Aber auch der Mittelstand ist, wie weltweit agierende Großunternehmen, von Lieferengpässen und Arbeitskräftemangel betroffen. Ganz aktuell sorgt er damit allerdings auch dafür, dass diese Probleme zu einem deutlichen Auftrieb bei den Preisen führen.

Quellen: Creditreform Risikomanagement Newsletter 11/2021, DIHK



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